Zum Fressen gerne

Apr 14, 2015 von

Zum Fressen gerne

Liebe Freunde auf zwei Beinen,
ich rege mich ja selten auf, aber das ist doch die Höhe. Abscheulich ist noch das Mindeste, was mir bei dem einfällt, was mir mein Freund Ricardo kürzlich erzählt hat. Ekelhaft trifft es wohl besser. Unmenschlich, würde ich sagen. Wie könnt ihr nur?

Ricardo in Dänemark
Über die Osterferien ist Ricardo mit seinem Herrchen und Frauchen in Urlaub gefahren. Dänemark. Warum auch immer. Ich stelle mir die dänischen Hunde so vor: Lange Schnauze, windgepeitschtes Fell und immer ein handgestricktes Pullöverchen auf dem Körper. Wegen der eisigen Kälte und dem frischen Seewind. Ist gar nicht so, hat mir Ricardo versichert. Und das Meer riecht auch nicht so übel, wie es in Hundekreisen immer heißt. Zwischen dem modrigen Algengeruch lässt sich immer wieder eine angenehme Brise Salzluft erschnuppern. “Die kitzelt richtig schön in der Nase”, meinte Ricardo.
Bei einem ganz anderen Anblick hat es ihm allerdings vor Schreck die Nasenschleimhaut entzündet. “Kannst du dir nicht vorstellen, Oscar”, hat er gesagt. “Was die Menschen da oben essen.” Bei der Erinnerung ist ihm ein leises Winseln aus den Lefzen entfahren. Armer Ricardo.

Todesangst dank Hot Dogs
Sein Herrchen hat an einem schönen Strand gehalten und zusammen sind sie alle ausgestiegen. Ein kleiner Spaziergang am Meer, hat sich Ricardo gedacht. Alles gut. Wolken zählen, Knochen suchen und vielleicht einer rassigen dänischen Dogge über den Weg laufen. Denkste. Herrchen und Frauchen sind schnurstracks auf einen Bretterverschlag zugegangen, aus dem es gar nicht so übel gerochen hat, wie Ricardo zugeben musste. Doch als er das Schild über der Theke las, hat es ihm die Sprache verschlagen. Ricardo hat sich losgerissen und ist mit einem Affenzahn zurück in Richtung Auto gerannt. “Todesangst, Oscar”, erzählte er. “Ich hatte die blanke Todesangst.”
Ein Wunder ist das nicht. “Hot Dog”, stand da in roten Lettern und tatsächlich biss ein dicker Däne genüsslich in ein Brötchen, aus dem der Hinterlauf eines Schäferhundes ragte. Meinte zumindest Ricardo. “Ich habe die Menschen bisher immer geliebt”, sagte er zu mir. “Aber damit ist es jetzt vorbei.” Verübeln kann ich es ihm nicht. Wer heiße Hunde auf dem Speisezettel hat, dem ist nicht über den Weg zu trauen. Jetzt betrachte ich auch mein Frauchen mit ganz anderen Augen und bin ein wenig unsicher geworden. Manchmal schaut sie mich mit ganz großen Augen an und flüstert mir ins Ohr, dass sie mich zum Fressen lieb hat. Zwischen einem Brötchen will ich aber ganz sicher nicht enden.
Euer Oscar

Verwandte Artikel

Share